Konditionstraining ist noch immer bei vielen Kraftsportlern verhasst, besonders Bodybuilder betrachten es mit großem Misstrauen. Denn unter ihnen kursieren diverse Gerüchte über mangelnde Fortschritte und sogar Masseverluste durch Ausdauersport. Dabei ist in Wahrheit das Gegenteil der Fall, und es gibt gute Gründe für Kraftsportler, regelmäßiges Konditionstraining in ihre Planung zu integrieren.
Hierbei muss man zunächst wissen, dass Muskelprotein erst bei extremen Daueranstrengungen über große Zeiträume verbraucht wird. Bei moderaten Trainingseinheiten werden grundsätzlich nur Kohlehydrate und Fette verbrannt, daher muss der Athlet auch keinen Verlust an Muskelmasse befürchten. Die während der Ausdauereinheit verbrauchten Kohlehydrate lassen sich im Nährstoff-Fenster nach dem Training optimal wieder auffüllen, während der mögliche Fettverlust auch für den Bodybuilder von Vorteil sein dürfte. So können Wettkampfbodybuilder durch ein regelmäßiges Ausdauertraining ihren Körperfettgehalt auch während der Off-Season niedrig halten, was wiederum eine Erleichterung der Diätphase bedeutet. Hier zeigt sich bereits der erste direkte Nutzen des Konditionstrainings, denn je kürzer und weniger radikal die Diätphase ausgelegt werden muss, desto mehr Muskelmasse bleibt während dieser Zeit erhalten. Aber auch während der Massephase selbst trägt Ausdauertraining zu größeren Erfolgen bei. Mit moderater Intensität ausgeführt, bei etwa sechzig bis siebzig Prozent der maximalen Herzfrequenz, kommt es zu einer Steigerung der Grundlagenausdauer und zu beschleunigten Erholungsprozessen im Körper.
Dabei erscheint die Grundlagenausdauer den meisten Kraftsportlern nicht von größerer Bedeutung, doch dies ist ein Irrtum. Jede sportliche Leistung beruht auf grundlegenden körperlichen Eigenschaften wie Maximalkraft, Schnellkraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordinationsvermögen. Auch wenn eine Sportart gesteigerte Anforderungen hinsichtlich einer oder mehrerer dieser Eigenschaften stellt, müssen alle anderen ebenfalls zu einem gewissen Grad ausgeprägt werden, um maximale Leistungen zu erreichen. Dementsprechend sind im Kraftsport und Bodybuilding nur dann optimale Resultate zu erwarten, wenn auch der Faktor Ausdauer berücksichtigt wird.
Zu spüren sind die Wirkungen des Konditionstrainings oft bereits während einer normalen Kraft-Trainingseinheit, da hier plötzlich wesentlich mehr Energie zur Verfügung steht. Durch das Ausdauertraining kommt es zu einer vermehrten Anhäufung von Glykogen in der Muskulatur, einer verbesserten Enzymproduktion und zur vermehrten Bildung und Vergrößerung von Kapillar-Gefäßen. All dies trägt zu einer Verbesserung der Energiebereitstellung bei; in der Praxis können die Trainingseinheiten engagierter und mit zusätzlichen Wiederholungen absolviert werden. Durch die verbesserte Regenerationsfähigkeit können Pausenzeiten effektiver vom Körper genutzt oder, abhängig vom Trainingsziel, sogar verkürzt werden; gleiches gilt auch für die Erholungszeit zwischen den einzelnen Trainingseinheiten. Bedenkt man nun die Bedeutung der Regeneration auf das Muskelwachstum, so wird der Nutzen des Konditionstrainings für den Bodybuilder offensichtlich.
Eine weitere wichtige Wirkung des Ausdauersports ist seine Schutzwirkung auf das Herz-Kreislauf-System. Regelmäßig ausgeführt kommt es zu einer deutlichen Verbesserung des Cholesterinspiegels durch Anhebung der HDL -Werte und Absenkung der LDL-Werte, außerdem wird ein erhöhter Blutdruck tendenziell gesenkt. Dies macht Konditionstraining für jeden Menschen interessant, doch besonders für Verwender anaboler Steroide ist es von großer Bedeutung. Denn diese hormonellen Medikamente sorgen üblicherweise für eine massive Verschlechterung der Cholesterin-Werte und einen deutlich erhöhten Blutdruck. Hier sind regelmäßige Ausdauereinheiten dringend anzuraten, um die Schädigungen am Herz-Kreislauf-System zu reduzieren.
Ein von Kraftsportlern häufig benutztes Argument gegen das Konditionstraining bezieht sich auf die zusätzliche Gelenkbelastung, besonders bei Vorbeschädigungen durch die häufigen, schweren Kraft-Trainingseinheiten. Sicherlich ist es wohl keine gute Entscheidung, einen drei Zentner schweren Athleten mit Belastungs-Arthrose in den Kniegelenken auf einen Marathonlauf zu schicken. Doch inzwischen wurde eine Vielzahl verschiedener Cardio-Geräte entwickelt, die effektive Trainingeinheiten bei maximaler Schonung beschädigter Gelenke ermöglichen. Dabei können je nach Gerät die oberen oder unteren Extremitäten für die Bewegung genutzt oder Positionen im Stehen, Sitzen oder Liegen gewählt werden. Somit lässt sich fast immer ein für den Athleten geeignetes Gerät finden; im Zweifelsfall kann zur Sicherheit ein Sportmediziner oder Trainingstherapeut befragt werden.
Verglichen mit der Zeit, die viele Bodybuilder in ihr Hanteltraining investieren, ist der für ein effektives Ausdauertraining benötigte Zeitaufwand auch eher gering. Drei wöchentliche Einheiten von jeweils etwa 30 bis 45 Minuten genügen vollkommen, um die genannten Effekte zu erzielen; daher sollte die Integration des Ausdauertrainings in die langfristige Trainingsplanung kein großes Problem darstellen.